Drei wichtige Fischpopulationen Europas – Makrele, atlanto-skandischer Hering und Blauer Wittling – werden stärker befischt als wissenschaftlich empfohlen, weil sich die Regierungen seit Jahren nicht auf eine angemessene Verteilung der Fangquoten einigen können. In den letzten sechs Jahren überstiegen die Fangmengen das nachhaltige Niveau um insgesamt fast fünf Millionen Tonnen.
4,5 M
Tonnen zu viel gefischt
Regierungen geben seit Jahren Fangquoten aus, die die wissenschaftliche Empfehlung übersteigen
Allein in den letzten sechs Jahren haben die Fänge von Makrele, atlanto-skandischem Hering und Blauem Wittling die wissenschaftliche Empfehlung um 4,5 Millionen Tonnen überschritten - Fisch, der bei Befolgung der wissenschaftlichen Empfehlungen im Meer hätte bleiben müssen.1
Überfischung Atlanto-skandischer Hering
31%
höher als empfohlen
lag die Fangmenge für
atlanto-skandischen
Hering im Jahr 2021
Überfischung Makrele
27%
höher als empfohlen
lag die Fangmenge für
Makrele im Jahr 2021
Überfischung Blauer Wittling
23%
höher als empfohlen
lag die Fangmenge
für Blauen Wittling
im Jahr 2021
Nur wenn wissenschaftliche Empfehlungen ernst genommen und
nachhaltige Fangquoten festgelegt werden, ist die Zukunft von
Fischbeständen auch langfristig sicher!
Zwar einigen sich die Fangnationen regelmäßig auf eine zulässige Gesamtfangmenge (TAC), die
den wissenschaftlichen Empfehlungen des Internationalen Rates für
Meeresforschung (ICES) entspricht - doch sind sie anschließend nicht in der Lage, sich
auch darauf zu einigen, wie diese Gesamtfangmenge unter den Fangnationen aufgeteilt werden soll. So legt dann jedes Land seinen Fangmengenanteil individuell für sich fest - mit der Konsequenz, dass die Summe dieser individuellen Fangmengen weit über der eigentlich vereinbarten und wissenschaftlich
empfohlenen Gesamtmenge liegt. Daran hat sich auch 2023 nichts geändert.
Die Bewahrung der nordostatlantischen Bestände liegt in den Händen einiger Länder, die zu den reichsten der Welt gehören.
!
Internationale Einigung dringend erforderlich
Dieses Länder haben nicht nur Zugang zu umfangreichen Daten und wissenschaftlichem Fachwissen, sondern verfügen auch
über fortschrittliche Regulierungs- und Kontrollstrukturen. Es liegt in der Verantwortung ihrer Regierenden, die gemeinsam genutzten natürlichen Ressourcen mit Blick auf das Wohl der Menschen und die Zukunft unseres Planeten nachhaltig zu bewirtschaften.
Die drei großen Schwarmfisch-Bestände im Nordostatlantik - atlanto-skandischer Hering, Makrele und Blauer Wittling - werden von der Europäischen Union (EU), von Norwegen, Island, Russland, den Färöer-Inseln, Grönland und Großbritannien gemeinsam befischt. Diese Staaten bilden die Vertragsparteien der North East Atlantic Fisheries Commission (NEAFC).
Diese Nationen sollten sich jährlich für jeden Bestand auf eine Gesamtfangmenge (Total Allowable Catch – TAC) einigen und eine Fangmengenaufteilung festlegen, die der vom Internationalen Rat für Meeresforschung (ICES) empfohlenen Höchstfangmenge entspricht.
Fischbestände bedroht
In den letzten Jahren haben sich die Bestandsgrößen der drei Bestände tendenziell rückläufig entwickelt - besonders besorgniserregend beim atlanto-skandischen Hering, dessen Bestand seit 2011 um 36 % geschrumpft ist. Dieser Bestand brach bereits in den späten 1960er Jahren aufgrund von Überfischung zusammen und konnte sich erst nach 20 Jahren wieder erholen. Der Zusammenbruch der Bestände würde dem Meeresökosystem enormen Schaden zufügen und gleichzeitig den Verlust einer wertvollen Nahrungsquelle und vieler Arbeitsplätze bedeuten.
Vorausschauendes Bestandsmanagement, wissenschaftlich fundierte Fangquoten und die Zusammenarbeit aller Fangnationen sind wichtige Bestandteile eines nachhaltigen Fischereimanagements. Letzteres ist eine der zentralen Anforderungen des MSC-Umweltstandards.
Das Fehlen von ökologisch tragfähigen Quotenvereinbarungen hat deshalb dazu geführt, dass alle Fischereien auf Makrele, antlanto-skandischen Hering und Blauen Wittling im Nordostatlantik ihr MSC-Zertifikat verloren haben.
Die intensiven Bemühungen der Fischer um verantwortungsvollen Fischfang sind in diesem Fall vergebens, denn ohne ein effektives überregionales Fischereimanagement können Fischereien nicht nachhaltig sein. Solange die Regierungen keine Einigung in Bezug auf die Fangquotenverteilung erzielen und eine langfristig nachhaltige Bewirtschaftung der Bestände möglich machen, bleiben die MSC-Suspendierungen bestehen.
Bestandsmanagement in Zeiten von Klimawandel und politischer Instabilität
Herausforderungen wie Brexit und Ukrainekrieg, aber auch der Klimawandel und seine Auswirkungen auf Fischbestände und ihr Verbreitungsgebiet, erschweren die Verhandlungen zwischen den Fangnationen. Sie verdeutlichen aber auch die umso dringendere Notwendigkeit langfristiger Bewirtschaftungsabkommen.
Quelle: Institute of Marine Research (2013), angepasst an internat. Ökosystem Umfragen 1995-2020
“"Die politischen Entscheidungsträger der Fangnationen kommen im Frühjahr 2023 erneut zusammen. Dieses Treffen bietet abermals Gelegenheit, eine Einigung über die Verteilung zukünftiger Fangquoten zu finden. Nur so kann sichergestellt werden, dass die Fangmengen sich künftig innerhalb der wissenschaftlich empfohlenen Grenzen bewegen und den Beständen kein langfristiger Schaden zugefügt wird."”
Marine Stewardship Council
Anmerkungen
1Zwischen 2016 und 2021 übersteigen die tatsächlichen Fangmengen die vom ICES empfohlenen nachhaltigen Fangmengen um 4,527 Mio. Tonnen, davon 1,144 Mio. Tonnen Hering, 1,517 Mio. Tonnen Makrele und 1,866 Mio. Tonnen Blauer Wittling (MSC-Berechnung auf der Grundlage von Fangmengenempfehlungen und tatsächlichen Fangdaten laut ICES2016 – 2021).
zurück zum Text