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Wie du Gelbflossenthun von Weißem Thun unterscheidest, wie du spielerisch mit den Begriffen Skipjack und Echter Bonito umgehst und wie du nicht nur die geschmacklichen Nuancen der wichtigsten Thunfischarten unterscheiden lernst, sondern auch ihren Nachhaltigkeitsstatus.

Von Nick Wyke

Ich liebe Thunfisch. Frisch, in Dosen oder tiefgefroren – immer her damit. Aber geht es nur mir so, oder bist auch du manchmal von dem Angebot an Marken und Produkten überfordert? Dazu kommt, dass sich mein Gewissen immer wieder regt und fragt, ob meine Wahl wirklich umweltbewusst und nachhaltig ist. 

Im Gegensatz zu Wein oder Käse, womit sich die meisten von uns recht gut auskennen, ist das Wissen über die verschiedenen Thunfischsorten, ihren Geschmack, ihre Konsistenz und ihre optimale Zubereitung größtenteils Köchen und Fischfeinschmeckern vorbehalten. Dabei gibt es minimale aber entscheidende Unterschiede zwischen den verschiedenen Thunfischarten – nicht nur im Hinblick auf den Geschmack, sondern auch auf ihren Nachhaltigkeitsstatus. Dieser Guide liefert dir das Extrawissen, das du brauchst, um Gelbflossen-Thun von Weißem Thun zu unterscheiden oder günstige Konservendosen mit Echtem Bonito im Vergleich zu einem sündhaft teuren Thunfisch-Gericht in Restaurants oder Sushi-Läden zu bewerten.

“Der Echte Bonito ist der einzige Thunfisch, der nicht roh als Sushi angeboten wird.”

Nick Wyke

(Food- und Gastronomie-) Journalist, der sich für lokale, saisonale und nachhaltige Produkte begeistert

Echter Bonito (Skipjack)

Herkunft: Gefangen wird der Echte Bonito (engl. Skipjack) in den tropischen Gewässern des Pazifischen, Atlantischen oder Indischen Ozeans. Im Vergleich zu den anderen kommerziellen Thunfischarten ist er ein Winzling, kommt aber gleichzeitig am häufigsten vor. Wie sich vom Name ableiten lässt (Skipjack bedeutet „Stehaufmännchen“), springt der Echte Bonito gerne über die Meeresoberfläche und macht 58 Prozent der weltweiten Thunfischfänge aus.

Wenn du Thunfisch aus Konservendosen isst, dann handelt es sich höchstwahrscheinlich um Echten Bonito. Er zählt streng genommen gar nicht zu den „echten“ Thunfischen, sondern ist nur ein sehr naher Verwandter. Seine kleinen, festen Stücke eignen sich optimal zum Konservieren und sein dunkleres, flockiges Fleisch hat einen markanten Fischgeschmack. Aus diesem Grund ist Skipjack in Dosen ein perfekter Vorrat für leckere Sandwiches, Pastagerichte, schnelle Salate oder Camping-Ausflüge. Der Echte Bonito ist der einzige Thunfisch, der in der Gastronomie nicht roh als Sushi angeboten wird - auch wenn eigentlich nichts dagegen spräche, ihn roh zu essen, sofern er super-frisch ist (was aber für alle roh verzehrten Fische gilt). 

Probier Dosen-Skipjack mal mit geschmolzenem Käse und Frühlingszwiebeln, oder in mit Petersilie verfeinerten Thunfisch-Patties, oder als cremigen Thunfisch-Dip auf Mayonnaise- und Zitronenbasis für rohes oder geschmortes Gemüse.

Die Skipjack-Bestände sind in allen Ozeanen gesund und nicht von Überfischung betroffen. In den Geschäften findest du nicht nur Echten Bonito, der mit Angelruten gefangen wurde, sondern auch solchen, der mit Langleinen oder mit Ringwaden gefangen wurde oder bei dem sogenannte Fischsammler („fish aggregating devices“; FADs) eingesetzt wurden. Unter FADs versteht man künstliche Lockbojen, die auf der Wasseroberfläche schwimmen und Thunfisch anziehen; bei der Ringwadenfischerei zieht sich ein Netz um eine gesamte Thunfischschule zusammen. Unter dem Gesichtspunkt der Nachhaltigkeit stehen diese Fischereitechniken vor einigen Herausforderungen, doch die können durch verantwortungsvolles Management und die Modernisierung von Fanggeräten überwunden werden. MSC-zertifizierter Skipjack stammt aus Fischereien, die diesen Weg bereits gegangen sind und nachhaltige Lösungen umsetzen.

Tuna melted between slices of toast on wooden chopping board

© David Loftus

Weißer Thun oder Langflossen-Thun (Albacore)

Herkunft: Weißer Thun wird größtenteils in tieferen Gewässern in etwa 400 Meter Tiefe gefangen und kommt im Pazifik, im Atlantik, im Indischen Ozean, im Mittelmeer und sogar in den Küstengewässern der Britischen Inseln vor. Er macht nur etwa 5 Prozent der weltweiten Thunfisch-Fänge aus. 

Das bei Feinschmeckern beliebte helle Fleisch des Langflossen-Thun wird zunehmend in hübsch gestalteten Gläsern oder Retro-Dosen mit extra nativem Olivenöl verkauft. Die Stücke sind größer als die des Skipjack, haben einen zarten Geschmack und eine trockenere, fleischige Konsistenz. In den Supermärkten der USA sind sie extrem beliebt und werden als „Weißer Thunfisch“ oder „Hühnchen des Meeres“ verkauft – letztere ist eine alte Fischerbezeichnung, die auf das helle Fleisch und seinen milden Geschmack anspielt. Aber Vorsicht: Wenn auf einer Speisekarte „Weißer Thunfisch“ steht, könnte es sich auch um einen minderwertigen Ersatz wie Butterfisch, Escolar oder Schlangenmakrele handeln.

Albacore ist in Portugal und Spanien unter dem Namen „Bonito del Norte“ bekannt. In den nördlichen Gebieten wird er als Tapas oder „Pinxto“ in gefüllten Chilischoten mit etwas Mayonnaise, fein geschnittenen Zwiebeln und einem großzügigen Spritzer Zitronensaft serviert. Die Delikatesse unter den Thunfisch-Konserven sind „Ventresca de Bonito“ – ölige Bauchfilets, die vorsichtig in offenen Kesseln gekocht wurden, damit die zarte Konsistenz und der facettenreiche Geschmack erhalten bleibt, der von der Vorliebe des Weißen Thun für Anchovis zeugt. Die gute Nachricht: In einigen Supermärkten und Lebensmittelgeschäften ist Albacore in MSC-zertifizierten Konservendosen erhältlich. Aufgrund seines höheren Fettgehalts und seiner festen Fleischstruktur wird Albcore auch als frische oder gefrorene Fischfilets verkauft. Er schmeckt hervorragend leicht gegrillt oder in einem klassischen Salade Niçoise, auf Crostini aus zerdrückten Oliven und Favabohnen oder in einem sizilianischen Linguine-Gericht mit Kapern und Rosinen.

Aerial view of tuna salad on wooden table with wine glasses and bell peppers

© David Loftus

Gelbflossenthun (Yellowfin)

Herkunft: Gelbflossen-Thunfisch kommt im Pazifik, im Atlantik und im Indischen Ozean vor und macht etwa 29 Prozent der weltweiten Thunfisch-Fänge aus.

Mehr als drei Viertel des weltweit gefangenen Thunfischs werden in Japan konsumiert und darunter ist der Gebflossen-Thun die Art, die in den mehr als 30.000 Sushi-Restaurants am häufigsten serviert wird. Auch in europäischen Restaurants und unter den MSC-zertifizierten Thunfischprodukten in den USA ist der Gelbflossen-Thun ein Bestseller. Rötlich gefärbt, magerer und günstiger als Großaugen- oder Blauflossen-Thun taucht er auf den Speisekarten als Sashimi und Nigri oder leicht angebraten in Tekkamaki-Rolls auf.

Das feste Fleisch lässt sich besonders gut grillen oder als Steak rare bis medium rare braten. Der Fisch sollte nur ganz kurz scharf angebraten werden, bleibt er zu lange in der Pfanne, kannst du genausogut ein Stück Pappe essen. Dank seines milden Geschmacks eignet sich Gelbflossen-Thun besonders gut zum Marinieren – versuche ihn gewürfelt in Soja-Sauce, Sesamöl und Ingwer eingelegt, serviert mit Avocado, Edamame und Reis in einer gesunden Hawaiianischen Poke Bowl.

Wissenswertes: Thunfisch wird entsprechend seiner Frische, Größe, Form, Farbe, Konsistenz und seines Fettgehalts in vier verschiedene Güteklassen eingeteilt: Klasse 1 (Sashimi- oder Sushi-Qualität) ist die beste mit deutlich sichtbarer Marmorierung und dem höchsten Fettanteil. Klasse 2+ ist von ausgezeichneter Qualität und stammt vermutlich von einem kleineren Fisch mit minimalen Makeln. Klasse 2 ist Grill-Qualität und wird hauptsächlich in Restaurants gekocht oder in einigen günstigeren Sushi-Bars roh verwendet. Thunfisch der Klasse 3 hat sich bereits braun oder gründlich verfärbt und wird ausschließlich zum Kochen verwendet.

Raw tuna in bowl with avocado, tomatoes and beans, from above

© istock.com/Karisssa

Großaugen-Thun (Bigeye)

Herkunft: Großaugen-Thun kommt im Indischen Ozean, im Pazifik und im Atlantik vor. Er macht 8 Prozent der weltweiten Thunfisch-Fänge aus.

Großaugen-Thun hat einen höheren Fettgehalt als Gelbflossen-Thun. Er ist unter der Haut marmoriert und hat einen ausgeprägteren charakteristischen Geschmack. Das leuchtend rote, feste Fleisch eignet sich hervorragend für Sashimi und Filets. Gelbflossen- und Großaugen-Thun sind auch unter der hawaiianischen Bezeichnung „Ahi“ bekannt. Versuche den Fisch in einer Soja- und Sesamkruste mit Ingwer-Dressing, als gegrillte Mango-Thunfisch-Spieße oder in einer Grillpfanne scharf angebraten und serviert mit einer mit süßsauren sizilianischen Caponata.
Die drei weltweit größten Großaugen-Vorkommen sind in einem guten Zustand, doch der Atlantik ist überfischt. Um sicherzugehen, dass du nachhaltig befischten Großaugen-Thun isst, achte beim Kauf auf das blaue MSC-Siegel.

Wissenswertes: Die natürlich rötliche Färbung von Thunfisch-Fleisch kommt von Myoglobin, einem Protein, das Sauerstoff speichert und verwertet. Frischer Thunfisch verfärbt sich innerhalb weniger Stunden bräunlich, doch das hat keine Auswirkungen auf den Geschmack.

Grilled tuna steak on wooden chopping board

© istock.com/bhofack2

Roter Thun oder Blauflossen-Thun (Bluefin)

Herkunft: Es gibt drei Arten Blauflossen-Thun in vier verschiedenen Beständen: im Westatlantik, Nordatlantik, Mittelmeer und Südpazifik. Sie machen nur 1 Prozent der weltweiten Thunfisch-Fänge aus.

Roter Thun ist der König unter den Thunfischen. Auf dem berühmten Tsukiji-Fischmarkt in Tokio erzielt er bei exklusiven Gastronomen sechsstellige Summen. In der Vergangenheit waren die Bestände immer wieder ernsthaft von Überfischung bedroht. Das führte dazu, dass Roter Thun von den Speisekarten der meisten Restaurants in Nordamerika und Europa verschwunden ist und nur noch in Sushi-Restaurants der Spitzenklasse verwendet wird. Dank internationaler Bemühungen gibt es erste Anzeichen dafür, dass sich die Bestände im Nordostatlantik erholen und das Schicksal dieses hochgeschätzten Fisches zum Guten gewendet werden kann. 

Raw tuna slices on dish

© istock.com/Nopadol_Uengbunchoo

Ob du frischen, gefrorenen oder konservierten Thunfisch kaufst – wirklich nachhaltige Produkte zu finden, kann eine Herausforderung sein. Es gibt viele verschiedene Siegel, die um die Aufmerksamkeit der Käufer konkurrieren. Delfinfreundliche Labels („dolphin safe“) konzentrieren sich zum Beispiel hauptsächlich auf die Auswirkungen der Thunfisch-Fischerei auf Delfine und berücksichtigen nicht, ob die Fischerei insgesamt nachhaltig ist. Die beste Möglichkeit, um Risiken wie Überfischung, unerwünschten Beifang, falsche Kennzeichnung sowie illegale und nicht regulierte Fischerei zu verhindern, ist die Wahl von Thunfischprodukten mit dem blauen MSC-Siegel.

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