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MSC-Studie: Hering in deutschen Supermärkten nur zur Hälfte nachhaltig

Besonders große Lücke bei gekühlten Produkten – Potenzial für Umstellung vorhanden

Der Marine Stewardship Council (MSC) hat erstmals eine umfassende Analyse zur Nachhaltigkeit von Heringsprodukten im deutschen Lebensmitteleinzelhandel veröffentlicht. Ergebnis: Nur jedes zweite Heringsprodukt stammt nachweislich aus einer nachhaltigen Fischerei und einem nicht überfischten Bestand  – trotz ausreichender Verfügbarkeit von nachhaltiger, MSC-zertifizierter Rohware auf dem Weltmarkt.

Hering: Beliebter Speisefisch mit Tradition

Hering zählt zu den vier meistgegessenen Fischarten in Deutschland. Er gilt als besonders gesunder, Omega-3-reicher Speisefisch mit niedrigem CO2-Fußabdruck und einer bald tausendjährigen Tradition als regionales Lebensmittel. Doch das Nachhaltigkeitsniveau in den deutschen Supermarktregalen ist ernüchternd.

Kühlware als Schwachpunkt

Besonders groß ist die Nachhaltigkeitslücke bei gekühlten Produkten wie Matjesfilets, Heringssalat, Bismarck-Hering oder Rollmops: Hier tragen lediglich 32% aller verkauften Produkte das blaue MSC-Siegel für umweltverträglich gefangenen Fisch, nur wenige Marken, wie etwa Merl, fallen hier positiv auf. Zum Vergleich: Bei Heringskonserven liegt der Anteil von Produkten aus nachhaltiger Fischerei bei 79 % des Verkaufsvolumens, vor allem dank des guten Abschneidens der Marken Hawesta und Appel.

Herkunft entscheidet

Der Unterschied hängt vor allem von der Rohware ab: Konservenhersteller verwenden meist den MSC-zertifizierten Nordsee-Hering, dessen Bestand in einem guten Zustand ist. Produzenten gekühlter Ware hingegen setzen vielfach auch auf den atlanto-skandischen Hering aus der Norwegischen See – einem überfischten Bestand, weil sich die Fangnationen seit Jahren nicht auf eine nachhaltige, bestandserhaltende Fangmengenregulierung einigen.

Nachhaltige Alternativen wären verfügbar – werden aber kaum genutzt

Die aktuelle MSC-Analyse zeigt, dass für die Nachfrage auf dem deutschen Markt genügend Hering aus gesunden, nachhaltig befischten Beständen verfügbar wäre. Dennoch greifen zu viele Hersteller, vor allem fürs Kühlregal, weiterhin auf Hering aus überfischten oder schlecht regulierten Beständen zurück.

Die positive Nachricht: Es gibt genügend nachhaltigen, MSC-zertifizierten Hering, um den Bedarf des deutschen Marktes zu decken – vor allem aus der Nordsee“, betont Kathrin Runge, Leiterin des MSC in Deutschland, Österreich und der Schweiz. „Dass nur die Hälfte des Heringsvolumens im Supermarkt nachhaltig ist, liegt nicht am Angebot, sondern an den Entscheidungen von Herstellern und Einzelhandel.“

Ein häufig vorgebrachtes Argument der Industrie, dass bestimmte Heringsprodukte nur mit Rohware aus einem speziellen Fanggebiet herstellbar seien, wird durch die MSC-Analyse widerlegt: In allen untersuchten Produktkategorien wurden Heringsprodukte mit Rohware unterschiedlicher Herkunft gefunden. So stammen beispielsweise Sahneheringsfilets in einem Drittel der Fälle aus dem gesunden Nordsee-Bestand, in knapp einem Viertel aus dem überfischten atlanto-skandischen Bestand in der Norwegischen See und in einem weiteren Viertel aus gemischten Fanggebieten.

Appell an Handel und Hersteller

Der MSC appelliert an Hersteller und Einzelhandel, komplett auf nachhaltige Rohware umzustellen. Bei den Einzelhändlern darf dies nicht nur für die Eigenmarken gelten, sondern muss auch bei der Listung von Markenprodukten berücksichtigt werden. Zwar führen einige Einzelhändler wie Lidl bei ihren Eigenmarken bereits ein sehr nachhaltiges Heringssortiment, dennoch bieten sie gleichzeitig auch nicht-zertifizierte Markenprodukte in ihren Läden an.

Politik in der Pflicht

Neben der Verantwortung der Wirtschaft sieht der MSC auch politischen Handlungsbedarf. Vor allem beim wichtigen atlanto-skandischen Hering ist eine Einigung aller Fangnationen auf nachhaltige Fangquoten dringend notwendig, damit der geschwächte Bestand sich regenerieren kann.

Eine nachhaltige Bewirtschaftung der Heringsbestände ist entscheidend, um das ökologische Gleichgewicht nicht zu gefährden - und auch, um die langfristige Verfügbarkeit von Hering als gesundem Nahrungsmittel zu sichern.

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Der vollständige MSC Heringsbericht 2025 mit allen Daten, Analysen und Marktanteilen steht unter heringsbericht-2025.pdf zum Download bereit. Der Bericht wirft ein Schlaglicht auf einen der beliebtesten Speisefische Deutschlands – und auf erhebliche Defizite in der Nachhaltigkeit.

Alle entsprechenden Infografiken stehen hier zum kostenfreien Download bereit.