Die europäischen Fischbestände, die von MSC-zertifizierten Fischereien befischt werden, sind in gutem Zustand
Analysen wie die von Opitz et al. sind ein wichtiger Teil der externen unabhängigen Prüfung, die der MSC grundsätzlich begrüßt. Wir nehmen alle objektiven Überprüfungen des MSC-Standards und seiner Anwendungen ernst. Wir sind jedoch der Auffassung, dass der Artikel von Opitz et al. irreführende Analysen und Aussagen enthält, die wir hier korrigieren möchten.
Die Analyse von Opitz et al. beruft sich auf den Internationalen Rat für Meeresforschung (ICES), interpretiert jedoch dessen Daten und Richtlinien falsch
Opitz et al. haben den wissenschaftlichen Ansatz des ICES offenkundig missverstanden. Sie nehmen fälschlicherweise an, dass der Referenzwert für eine „optimale“ nachhaltige Bestandsgröße bzw. Biomasse (BMSY) doppelt so hoch sei, wie der vom ICES ermittelte untere Grenzwert für eine nachhaltige Bestandsgröße bzw. Biomasse (Btrigger rsp. Bpa). Dies ist laut ICES eine grobe Fehlinterpretation der ICES Klassifikation: So kann nach ICES Definition BMSY bei einigen Fischbeständen sehr knapp über Btrigger liegen, während BMSY bei anderen Beständen weit über Btrigger liegt.
Dr. Christopher Zimmermann, deutscher ICES-Abgesandter und Mitglied des ICES-Beirats, stellt klar: “Opitz et al. behaupten, nur mit offiziellen ICES-Daten zu arbeiten, doch gerade das tun sie nicht! Sie haben stattdessen eigene Referenzwerte aufgestellt um anhand dieser, wie schon in der Vergangenheit, fälschlicherweise zu behaupten, der MSC lasse eine Ausbeutung überfischter Bestände zu. Weder nutzt ICES das von Opitz et al. herangezogene BMSY, noch befürworten wir grundsätzlich das Heranziehen einer festen Formel zur Berechnung von BMSY. Die Analyse von Opitz et al. basiert leider auf einer Fehlinterpretation der von den Autoren herangezogenen offiziellen ICES-Daten.“
Opitz et al. beziehen auch Bestände, die nicht von MSC-zertifizierten Fischereien befischt werden, in ihre Analyse mit ein
Einige Fischbestände, die in der Analyse von Opitz et al. einen besonders hohen Befischungsgrad ausweisen, werden nicht von MSC-zertifizierten Fischereien befischt oder werden von Fischereien befischt, die von ihrer MSC-Zertifizierung suspendiert wurden.
Die niederländische Handangelfischerei auf Wolfsbarsch in der südlichen Nordsee (bss-47) zum Beispiel wurde Anfang 2015 suspendiert, auch die nordostatlantische Makrele (mac-nea) war zum Zeitpunkt der Datenerhebung von Opitz et al. bereits suspendiert. Der Bestand des norwegischen küstennahen Kabeljaus (cod-coas) wird primär von nicht zertifizierten Fischereien befischt, wenn auch eine kleine Menge dieses Bestands von der zertifizierten küstenfernen Barentssee Kabeljaufischerei mitgefangen wird.
Die Darstellung von Opitz et al., wonach diese Bestände von MSC-zertifizierten Fischereien überfischt würden, ist falsch.
Die Analyse von Opitz et al. ignoriert den internationalen wissenschaftlichen Konsens in Sachen nachhaltiger Fischerei und verfolgt keine ganzheitliche Betrachtungsweise
Der MSC hat den international strengsten und glaubwürdigsten Kriterienkatalog zur Bewertung der Nachhaltigkeit von Wildfischereien. Dieser Kriterienkatalog reflektiert den Code of Conduct der FAO und den internationalen wissenschaftlichen Konsens in Sachen nachhaltige Fischerei. Er verfolgt einen strengen, ausgewogenen und umfassenden Ansatz, um die Gesundheit unserer Ozeane sicherzustellen.
Im Zentrum des MSC Kriterienkatalogs steht die Erkenntnis, dass die Gesundheit eines Fischbestands durch eine Kombination der beiden Faktoren „Grad der Befischung“ und „Größe rsp. Biomasse des befischten Bestands“ bestimmt wird. “Der MSC-Kriterienkatalog enthält klare und strenge Forderungen, die dem internationalen wissenschaftlichen Konsens in Sachen nachhaltiger Fischfang entsprechen, wonach Fischbestände um diejenige Bestandsgröße schwanken sollten, die die höchstmögliche nachhaltige Fangmenge liefert“, so Dr. David Agnew, Leiter für Wissenschaft und Standards beim MSC.
Neben diesen beiden zentralen Faktoren „Biomasse“ und „Grad der Befischung“ berücksichtigt der MSC in der Bewertung einer Fischerei außerdem aktuelle Bestandsentwicklungstendenzen, natürliche Bestandsschwankungen sowie die Professionalität und Effizienz des jeweiligen Fischereimanagements. Eine kombinierte Betrachtung all dieser Indikatoren ist nötig, um festzustellen, ob Fischereiaktivitäten einen Fischbestand gefährden. Durch die von Opitz et al. praktizierte isolierte und aus dem Kontext gerissene Betrachtung von nur der Biomasse oder nur dem Grad der Befischung kann keine tragfähige Aussage über die Nachhaltigkeit einer Fischerei getroffen werden.
Ein strenger und umfassender Fischerei-Managementplan berücksichtigt all die oben genannten Aspekte und antizipiert darüber hinaus häufig auch sich jährlich ändernde Fangquoten. Ein effizienter Management-Plan ermöglicht es den Fischern und der Fischereiindustrie, angemessen auf aktuelle Entwicklungen zu reagieren und Bestände zu schützen. Ebenso wenig, wie anhand der singulären Betrachtung von Fischbestandsgröße oder Fangmenge eine tragfähige Aussage über die Nachhaltigkeit einer Fischerei getroffen werden kann, kann ohne eine detaillierte Betrachtung des Gesamtkontextes eine Aussage über die Effektivität oder das Versagen eines Fischerei-Managementsystems getroffen werden. Genau dies tun Opitz et al. jedoch in ihrer Analyse.
Der wissenschaftlich fragwürdige Ansatz von Opitz et al. zeigt sich auch in folgendem Punkt: Opitz et al. werfen dem MSC vor, Bestände zu zertifizieren, deren Fangmengen UNTER den Höchstfangmengen liegen. „Eine Fischerei, die weniger fängt als die Höchstfangmenge macht nichts falsch“, so Dr. Agnew weiter. „Denn wie die Autoren selbst zugeben, gibt es viele, oft sozio-ökonomische Gründe dafür, dass Höchstfangmengen von Fischereien nicht ausgeschöpft werden. Es gibt keinen Grund für den MSC, eine Fischerei unter diesen Umständen zu suspendieren oder Verbesserungen einzufordern."
Entgegen der Aussagen von Opitz et al. gibt es umfassende Belege dafür, dass MSC-zertifizierte Fischereien Verbesserungen für unsere Ozeane mit sich bringen
„Es gibt solide Belege dafür, dass MSC-zertifizierte Fischereien den Zustand der Fischbestände in unseren Ozeanen nachhaltig verbessern. Die Analyse von Opitz et al. stellt die Leistung von MSC-zertifizierten Fischereien in europäischen Gewässern falsch dar.“ (Dr. David Agnew)
Eine im Rahmen der Recherchen zum aktuellen Global Impacts Report (Erscheinungstermin: 8. Juni 2016) durchgeführte umfangreiche Datenanalyse europäischer Fischbestände hat gezeigt,
- dass sich der Zustand der Bestände, die von MSC-zertifizierten Fischereien befischt werden, zwischen 2000 und 2014 deutlich verbessert hat und der Zustand dieser Bestände heute besser ist, als bei Beständen, die von nicht MSC-zertifizierten Fischereien befischt werden;
- dass der Grad der Befischung bei MSC-zertifizierten Fischereien zwischen 2000 und 2014 wo nötig vermindert wurde und heute deutlich unter dem Grad der Befischung nicht-zertifizierter Fischereien liegt.
Insgesamt befischen MSC-zertifizierte Fischereien Bestände mit höheren Biomassen und senkten den Grad der Befischung nach Zertifizierung.
Wo Verbesserungen nötig sind, müssen MSC-zertifizierte Fischereien entsprechende Maßnahmen umsetzen. In der MSC-zertifizierten Fischerei auf Nordsee-Seelachs fielen zum Beispiel im Jahr 2012 die Bestände unter die ICES Richtwerte. In Einklang mit den MSC-Vorgaben und dem Langzeitmanagementplan der Fischerei senkte die Fischerei daraufhin ihre Fangmenge noch deutlich unter den Optimalwert FMSY. Der Bestand hat sich seitdem erholt.
Seit Beginn des MSC-Programms wurden über 260 MSC-zertifizierte Fischereien verpflichtet, eine oder mehrere solcher Verbesserung durchzuführen.

