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Nordsee-Seelachs verliert MSC-Siegel

Trotz langjähriger Nachhaltigkeit verlieren die Fischereien auf Nordsee-Seelachs zum 30. Juni 2025 das international anerkannte MSC-Siegel für nachhaltige Fischerei. Betroffen sind Fischereien aus mehreren europäischen Ländern, darunter auch das deutsche Fischereiunternehmen Kutterfisch-Zentrale aus Cuxhaven. Insgesamt fangen diese Fischereien jährlich rund 45.000 Tonnen Nordsee-Seelachs.

Ursächlich für den Verlust des MSC-Siegels sind eine veränderte wissenschaftliche Bestandsbewertung durch den Internationalen Rat für Meeresforschung (ICES), wonach die Bestandssituation des Nordsee-Seelachs nicht mehr im grünen Bereich liegt, und ein anhaltend schwaches Wachstum im Nordsee-Seelachsbestand. Was hinter dieser Wachstumsschwäche steht, ist schwer zu definieren, Wissenschaftler des ICES vermuten jedoch, dass die Meereserwärmung infolge des Klimawandels eine Rolle spielt.

In der Vergangenheit hatten die Fischereien die Anforderungen an eine nachhaltige Befischung des Nordsee-Seelachbestands erfüllt, einschließlich der Senkung der Fangmengen in Einklang mit den Empfehlungen der Wissenschaft. Dennoch blieb das erwartete Bestandswachstum aus – ein Umstand, der nun die Suspendierung der MSC-Zertifikate erforderlich machte.

Nach dem MSC-Umweltstandard dürfen Fischbestände nur so stark befischt werden, dass sie eine gesunde Größe behalten oder in ihrer Regeneration nicht beeinträchtigt werden. Neue wissenschaftliche Daten zeigen, dass dies beim Nordsee-Seelachs derzeit nicht sichergestellt ist. Deshalb haben die zuständigen Zertifizierungsstellen die MSC-Zertifikate der betroffenen Fischereien nun suspendiert“, erklärt Kathrin Runge, Leiterin des MSC im deutschsprachigen Raum.


Marktführer Kutterfisch in Deutschland betroffen

In Deutschland ist das niedersächsische Fischereiunternehmen Kutterfisch-Zentrale besonders betroffen. Kutterfisch ist mit zehn Schiffen einer der größten Fang- und Verarbeitungsbetriebe für Nordseefisch und betreibt die größte Flotte der Kleinen Hochseefischerei in Deutschland. 2008 erhielt Kutterfisch als erste deutsche Fischerei das MSC-Siegel. Die Fischerei wurde seitdem dreimal erfolgreich rezertifiziert.

Wir bedauern diese Suspendierung sehr. Die Kutterfisch Fischerei ist seit Jahren ein Vorbild in Sachen Nachhaltigkeit: gut reguliert, streng kontrolliert und eng vernetzt mit wissenschaftlichen Einrichtungen. Sie hat schon früh Maßnahmen wie die Verbesserung ihres Fanggeräts zur Reduzierung von Beifang und Meeresbodenkontakt umgesetzt“, so Runge weiter.


Klimawandel als zunehmender Risikofaktor

Trotzdem reichen selbst ambitionierte fischereiliche Nachhaltigkeitsmaßnahmen nicht immer aus, etwa wenn externe Faktoren negativen Einfluss auf das Ökosystem nehmen - so wie der Klimawandel, der zu einer Erwärmung des Meeres führt und dadurch die Reproduktionsrate von Fischbeständen beeinträchtigen kann. Letzteres war bereits bei Dorsch und Hering in der Ostsee zu beobachten, ebenso wie beim Kabeljau in der Nordsee. Nun könnte der Klimawandel nach wissenschaftlicher Auffassung auch beim Seelachs eine Rolle spielen. Seelachs bevorzugt, wie auch der Kabeljau, kühle bis kalte Gewässer. Wissenschaftliche Daten zeigen, dass die Wassertemperatur im Nordatlantik, zu dem auch die Nordsee gehört, in den letzten Jahren deutlich über dem Durchschnitt lag.

Fischereien tragen eine große Verantwortung, sich an Veränderungen im Ökosystem Meer anzupassen“, betont Runge. „Nachhaltigkeit ist kein Zusatz – sie ist die Voraussetzung für eine zukunftsfähige Fischerei. In Zeiten des Klimawandels gilt das mehr denn je.“


Was bedeutet das für Verbraucher?

Nordsee-Seelachs ist in vielen deutschen Supermärkten und Fischgeschäften zu finden, zumeist als Tiefkühlfilets, aber auch als Frischfisch. Knapp 16.000 Tonnen Seelachs werden in Deutschland derzeit jährlich konsumiert. Dabei kann es sich neben Nordsee-Seelachs jedoch auch um Seelachs aus anderen Nordatlantikgebieten handeln. In letzteren findet MSC-zertifizierte nachhaltige Fischerei weiterhin statt.

Ob ein im Einzelhandel verkauftes Seelachs-Produkt aus nachhaltiger Fischerei und einem gesunden Bestand kommt, erkennen Verbraucherinnen und Verbraucher am blauen MSC-Siegel. „Wer Wert auf Nachhaltigkeit und den Erhalt gesunder Meere legt, sollte beim Kauf von Wildfisch immer auf das MSC-Siegel achten“, empfiehlt Runge.