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neuigkeit opinion
Der fünfte globale Bericht der Vereinten Nationen zur Lage der biologischen Vielfalt offenbart ein Jahrzehnt gescheiterter Versprechen. Keines der globalen Ziele, die vor zehn Jahren zum Schutz der biologischen Vielfalt der Welt festgelegt wurden, wurde vollständig erfüllt.

Obwohl gute Fortschritte bei nachhaltigem Management und der Bewirtschaftung von Fisch auf globaler Ebene erzielt wurden, hängt die Zukunft der weltweiten Nahrungsmittelversorgung vom Schutz der gesamten biologischen Vielfalt ab. Dazu gehören auch die Entscheidungen, die die Verbraucher jetzt und heute treffen, erklärt Matt Gummery, Fishery Assessment Manager des MSC.

Eindämmung des Verlusts der biologischen Vielfalt – eine globale Verpflichtung

1992 einigten sich die Staats- und Regierungschefs der Welt in Rio de Janeiro auf Maßnahmen zur Bekämpfung des rapiden Rückgangs der biologischen Vielfalt rund um den Globus. Das Übereinkommen über die biologische Vielfalt wurde als internationaler Vertrag von 196 Ländern ratifiziert. 

Ziel der Konvention war es, den massiven Rückgang der biologischen Vielfalt durch eine nachhaltige und faire Nutzung der natürlichen Ressourcen zu stoppen. Im Jahr 2010 wurden fünf strategische Ziele und 20 Zielvorgaben – die so genannten Aichi-Biodiversitätsziele – festgelegt, um den Rückgang zu verlangsamen. Der jetzt vorgelegte Bericht gibt einen Überblick über die Fortschritte, die in den vergangenen zehn Jahren bei der Erreichung dieser Ziele erzielt wurden.

Erhebliche Fortschritte Richtung nachhaltige Fischerei

Während keines der 20 Zielvorgaben auf globaler Ebene vollständig erreicht wurde, wurden sechs teilweise erreicht. So haben das nachhaltige Management und die Bewirtschaftung von Fisch (Ziel 6), „gute Fortschritte“ gemacht – so sind 37 Prozent der Länder dabei, ihre nationalen Vorgaben zu erreichen oder zu übertreffen.
Trotz der insgesamt negativen Trends gibt es Anzeichen dafür, dass sich zuvor erschöpfte Meeresfischbestände erfolgreich wieder erholt haben. Dies ist dort geschehen, wo ein verbessertes Fischereimanagement umgesetzt, illegale, nicht gemeldete und unregulierte Fischerei bekämpft oder Fischereipolitik reformiert wurde.

Schutz der marinen Ökosysteme

Viele Länder unternehmen auch Schritte zum Schutz gefährdeter Arten. 95 Prozent jener Länder, die Daten für den Verhaltenskodex der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO) melden, handeln auch entsprechend, um negative Auswirkungen auf gefährdete Arten zu verhindern und destruktive Fischereipraktiken zu verbieten. Wir benötigen allerdings mehr Informationen, um zu verstehen, wie wirksam diese verschiedenen Maßnahmen sind.

Sensible Lebensräume in den Ozeanen wie beispielsweise Korallenriffe sind nach wie vor von zahlreichen menschlichen Einflüssen betroffen, darunter Überfischung, Nährstoffbelastungen und die Entwicklung von Küstenregionen. Es ist wichtig, die weit reichenden Auswirkungen kennen, die eine nicht nachhaltige Fischerei auf Lebensräume hat. Aus diesem Grund verlangt der MSC-Standard, dass die Fischerei nachweisen muss, dass sie keine langfristigen oder irreversiblen Auswirkungen auf empfindliche marine Ökosysteme hat. Wir wissen, wie wertvoll widerstandsfähige und funktionierende marine Nahrungsketten für Milliarden von Menschen auf der ganzen Welt sind.

Veränderungen durch MSC-Zertifizierung vorantreiben

Der Bericht hebt auch hervor, dass MSC-zertifizierte Fischereien zu diesem Fortschritt beigetragen haben: Die Anlandungen von Fisch aus „zertifiziertem nachhaltigem Wildfang" haben sich im vergangenen Jahrzehnt verdoppelt. Heute werden mehr als 17 Prozent der jährlich wild gefangenen Fische und Meeresfrüchte (in Tonnen) im Rahmen des MSC-Programms gefangen, dafür sorgen 400 zertifizierte Fischereien in aller Welt.

Es gibt eindeutige Belege dafür, dass ein gutes Fischereimanagement (das auf dem Ökosystem basiert) der beste Weg ist, um eine nachhaltige Nahrungsmittelversorgung sicherzustellen und zugleich die Ausbeutung biologischer Vielfalt umzukehren. Fischereien, die MSC-zertifiziert sind, sind ein gutes Beispiel für vorbildliches Fischereimanagement, da sie nicht nur die Fischbestände schützen, sondern sich auch um marine Ökosysteme, gefährdete Arten und Lebensräume kümmern. 

Und doch: Obwohl beträchtliche Fortschritte erzielt wurden, sind laut Daten aus dem jüngsten SOFIA-Bericht der Welternährungsorganisation FAO noch immer mehr als 34 Prozent der Fischbestände überfischt. Traurigerweise ist dieser Anteil höher als vor zehn Jahren. Es muss also noch viel mehr getan werden, damit alle Fischereien auf nachhaltigem Niveau agieren können. 

Die weiteren Aussichten für eine nachhaltige Meereswirtschaft

Von den 60 einzelnen Unterzielen sind sieben erreicht worden, 38 zeigen Fortschritte. Enttäuschend ist, dass 13 Elemente keinen Fortschritt oder gar einen weiteren Rückgang aufweisen.

Ziel 3, die Beseitigung von staatlichen Subventionen, die der biologischen Vielfalt potenziell schaden, hat in den letzten zehn Jahren kaum Fortschritte gemacht. Die Finanzierung der biologischen Vielfalt beläuft sich auf etwa 80 bis 90 Milliarden US-Dollar pro Jahr – ein Bruchteil der 500 Milliarden Dollar an Subventionen, die jedes Jahr vergeben werden. 

Es ist schwer vorstellbar, wie wir eine nachhaltige Meereswirtschaft erreichen können, während Ausbeutung immer noch belohnt wird. Im Jahr 2018 wurden nur 10 Milliarden Dollar für Subventionen zur Förderung der nachhaltigen Fischerei ausgegeben, während 22 Milliarden Dollar für Subventionen im Zusammenhang mit der Überfischung durch den Ausbau nationaler Flotten ausgegeben wurden.  

5 Schritte zu einem Leben im Einklang mit der Natur

Die Nichterfüllung dieser Ziele untergräbt die Fortschritte bei anderen globalen Initiativen, darunter die 17 Ziele für nachhaltige Entwicklung (SDG) und das Pariser Klimaabkommen. Während der Verlust an biologischer Vielfalt fortschreitet, stehen diese Initiativen auf dem Spiel.

Wir ziehen reichlich Nutzen und Vorteile aus den Meeren und Ozeanen. Doch der weitere Verlust von Arten und Lebensräumen wird nicht nur das Überleben anderer Arten, sondern auch das der Menschen beeinträchtigen.

Es gibt keine Patentlösung, um die Kurve dieses Verlustes an Vielfalt wieder nach oben zu biegen, so die UNO. Stattdessen sind nachdrückliche Anstrengungen erforderlich, um 
• den Verbrauch zu reduzieren
• die nachhaltige Nahrungsmittelproduktion zu steigern
• die Ursachen des Verlusts der biologischen Vielfalt zu verringern
• den Klimawandel abzuschwächen 
• und die Natur wiederherzustellen.

All diese Punkte sind nötig, um einen weiteren Rückgang der biologischen Vielfalt – und die daraus resultierenden negativen Auswirkungen für die Menschen – zu stoppen.

Eine Chance für Veränderungen

Da unsere Bevölkerung und unser globaler Konsum weiterhin wachsen, müssen mehr Menschen in die Lage versetzt werden, nachhaltige Marktentscheidungen zu treffen. Die Anstrengungen zur Unterstützung einer nachhaltigen Fischerei und Lebensmittelproduktion müssen verstärkt werden. Corona (Covid-19) hat für die Welt den Pausenknopf gedrückt, die Pandemie hat uns dazu gebracht, unser Verhältnis zur Natur neu zu bewerten. Jetzt sollten wir das Bestmögliche daraus machen. 

Die Ernährung der Welt und der Schutz der Ozeane können nur gemeinsam erreicht werden. Nur wenn wir die biologische Vielfalt schützen und im Einklang mit der Natur leben, können wir unsere eigene Zukunft auf diesem Planeten sichern.