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Die Regierungen der Fangnationen im Nordostatlantik laufen sehenden Auges in eine mögliche Wiederholung des Herings-Crashs der 1960er Jahre hinein, wenn sie die Überfischung des atlanto-skandischen Herings – eines der größten und wirtschaftlich bedeutendsten Fischbestände Europas – nicht umgehend stoppen.

Hering im Nordostatlantik droht Zusammenbruch

Der Internationale Rat für Meeresforschung (ICES) teilte kürzlich mit, dass die Fangemengen des atlanto-skandischen Herings um 44 Prozent gesenkt werden müssen. Doch selbst wenn die Fangnationen sich an diese Vorgabe halten, wird der Hering nach Einschätzung des ICES bis zum Jahr 2025 die kritische Schwelle unterschreiten, unterhalb derer die langfristige Nachhaltigkeit des Bestands bedroht ist.

Der Bestand hat sich zwischen 2008 und heute fast halbiert - von 7 auf 3,7 Millionen Tonnen. Dieser Bestand brach bereits in den späten 1960er Jahren aufgrund von Überfischung zusammen und konnte sich erst nach 20 Jahren wieder erholen.

Zur Pressemitteilung

Regierungen geben seit Jahren Fangquoten aus, die die wissenschaftliche Empfehlung übersteigen

Zwar einigen sich die Fangnationen regelmäßig auf eine zulässige Gesamtfangmenge (TAC), die den wissenschaftlichen Empfehlungen des Internationalen Rates für Meeresforschung (ICES) entspricht - doch sind sie anschließend nicht in der Lage, sich auch darauf zu einigen, wie diese Gesamtfangmenge unter den Fangnationen aufgeteilt werden soll. So legt dann jedes Land seinen Fangmengenanteil individuell für sich fest - mit der Konsequenz, dass die Summe dieser individuellen Fangmengen weit über der eigentlich vereinbarten und wissenschaftlich empfohlenen Gesamtmenge liegt.

Allein in den letzten sechs Jahren haben im Nordostatlantik die Fänge von atlanto-skandischem Hering, Makrele und Blauem Wittling die wissenschaftliche Empfehlung um 4,5 Millionen Tonnen überschritten - Fisch, der bei Befolgung der wissenschaftlichen Empfehlungen im Meer hätte bleiben müssen.1

Überfischung von AS-Hering, Makrele und Blauem Wittling im Nordostatlantik bis 2022

Überfischung der drei großen Schwarmfischbestände im Nordostatlantik

Fangmengen von AS-Hering von 2010-2023

Nach einer Analyse des Marine Stewardship Council haben die Herings-Fänge die vom ICES empfohlenen Mengen in den letzten Jahren stets signifikant überschritten, aktuell liegen sie um mehr als ein Drittel über der wissenschaftlichen Empfehlung (36%).

Fangmenge von Makrele von 2010-2023Für Makrele war die Fangmenge im Jahr 2022 32% höher als empfohlen.

Fangmengenentwicklung des Blauen Wittlings im Nordsostatlantik

Für Blauen Wittling war die Fangmenge zuletzt 23% höher als empfohlen.

Entzug des MSC-Siegels

Vorausschauendes Bestandsmanagement, wissenschaftlich fundierte Fangquoten und die Zusammenarbeit aller Fangnationen sind wichtige Bestandteile eines nachhaltigen Fischereimanagements. Letzteres ist eine der zentralen Anforderungen des MSC-Umweltstandards.

Das Fehlen von ökologisch tragfähigen Quotenvereinbarungen hat deshalb dazu geführt, dass alle Fischereien auf Makrele, antlanto-skandischen Hering und Blauen Wittling im Nordostatlantik ihr MSC-Zertifikat verloren haben.

Die intensiven Bemühungen der FischerInnen um verantwortungsvollen Fischfang sind in diesem Fall vergebens, denn ohne ein effektives überregionales Fischereimanagement können Fischereien nicht nachhaltig sein. Solange die Regierungen keine Einigung in Bezug auf die Fangquotenverteilung erzielen und eine langfristig nachhaltige Bewirtschaftung der Bestände möglich machen, bleiben die MSC-Suspendierungen bestehen.

“Nur wenn wissenschaftliche Empfehlungen ernst genommen und nachhaltige Fangquoten festgelegt werden, ist die Zukunft von Fischbeständen auch langfristig sicher!”

Marine Stewardship Council

Internationale Einigung dringend erforderlich

Die Bewahrung der nordostatlantischen Bestände liegt in den Händen einiger Länder, die zu den reichsten der Welt gehören.

Dieses Länder haben nicht nur Zugang zu umfangreichen Daten und wissenschaftlichem Fachwissen, sondern verfügen auch über fortschrittliche Regulierungs- und Kontrollstrukturen. Es liegt in der Verantwortung ihrer Regierenden, die gemeinsam genutzten natürlichen Ressourcen mit Blick auf das Wohl der Menschen und die Zukunft unseres Planeten nachhaltig zu bewirtschaften.

Die drei großen Schwarmfisch-Bestände im Nordostatlantik - atlanto-skandischer Hering, Makrele und Blauer Wittling - werden von der Europäischen Union (EU), von Norwegen, Island, Russland, den Färöer-Inseln, Grönland und Großbritannien gemeinsam befischt. Diese Staaten bilden die Vertragsparteien der North East Atlantic Fisheries Commission (NEAFC). 

Diese Nationen sollten sich jährlich für jeden Bestand auf eine Gesamtfangmenge (Total Allowable Catch – TAC) einigen und eine Fangmengenaufteilung festlegen, die der vom Internationalen Rat für Meeresforschung (ICES) empfohlenen Höchstfangmenge entspricht.

Bestandsmanagement in Zeiten von Klimawandel und politischer Instabilität

Verbreitungsgebiet von AS Hering

 

Herausforderungen wie Brexit und Ukrainekrieg, aber auch der Klimawandel und seine Auswirkungen auf Fischbestände und ihr Verbreitungsgebiet, erschweren die Verhandlungen zwischen den Fangnationen. Sie verdeutlichen aber auch die umso dringendere Notwendigkeit langfristiger Bewirtschaftungsabkommen.

 

 

 

 

 

Verbreitungsgebiet Blauer Wittling u. Makrele



Fischbestände bedroht

Fischbestände bedroht

In den letzten Jahren haben sich die Bestandsgrößen der drei Bestände tendenziell rückläufig entwickelt - besonders besorgniserregend beim atlanto-skandischen Hering.  Der Zusammenbruch der Bestände würde dem Meeresökosystem enormen Schaden zufügen und gleichzeitig den Verlust einer wertvollen Nahrungsquelle und tausender Arbeitsplätze bedeuten.

Fischerei und Klimawandel

Der Klimawandel stellt unsere Ozeane vor enorme Herausforderungen - und belastet somit zunehmend auch die weltweite Fischerei.
Fischerei und Klimawandel

Quelle: Institute of Marine Research (2013), angepasst an internat. Ökosystem Umfragen 1995-2020

Anmerkungen

1Zwischen 2017 und 2022 übersteigen die tatsächlichen Fangmengen die vom ICES empfohlenen nachhaltigen Fangmengen um knapp 4,5 Mio. Tonnen (MSC-Berechnung auf der Grundlage von Fangmengenempfehlungen und tatsächlichen Fangdaten laut ICES 2017 – 2022).

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