WWF und MSC geben heute den Start des großangelegten gemeinsamen Projektes MedFish bekannt. Fischbestände, Fischer und Fischereigemeinden im Mittelmeerraum sollen davon profitieren.
Auch wenn es aus der Perspektive des Strandurlaubers nicht immer so aussieht: das beliebte Ferienziel Mittelmeer ist bis heute Heimat tausender Fischarten, Meeressäuger, Schalen- und Krustentiere, Weichtiere und anderer Lebewesen. Es wundert also nicht, dass an seinen Küsten viele Menschen von und mit dem Meer leben: Allein in Frankreich und Spanien arbeiten derzeit 10.600 Fischer, knapp 4.000 Fischerboote sind registriert, je nach Region gehören 70 bis 90 Prozent davon zu kleinen, häufig familienbetriebenen Fischereien.
Doch das Ökosystem Mittelmeer ist bedroht und mit ihm die ansässige Fischerei. Umfassende Daten hierzu gibt es bislang kaum – und die, die es gibt, lassen Schlimmes befürchten: 88 Prozent der wenigen Bestände, die bislang überhaupt untersucht wurden, sind überfischt.
„Fisch und Fischerei sind untrennbar mit dem Leben am Mittelmeer verbunden. Aber wir haben ernsthafte Bedenken, was die Nachhaltigkeit vieler örtlicher Fischereien, und damit die Zukunft der Fischbestände angeht. Um auch in Zukunft Fisch liefern zu können, müssen Fischereien Fischbestände erhalten und die Auswirkungen auf das Ökosystem Meer begrenzen“, betont Camiel Derichs, Europa-Direktor des MSC.
Genau darauf arbeitet das richtungsweisende Projekt MedFish in den kommenden zwei Jahren hin. In einer ersten Projektphase werden 100 kleine französische und spanische Fischereibetriebe, die repräsentativ für Art und Diversität des Fischfangs im Mittelmeerraum sind, kartiert: Daten über gefangene Fischarten, Fangmengen, Fangmethoden, Beifänge, aber auch Informationen über aktuelle Bestandsgrößen werden systematisch erfasst. Anschließend werden 14 „typische“ Mittelmeerfischereien ausgewählt und anhand der bestehenden MSC-Kriterien für nachhaltige Fischerei bis ins kleinste Detail evaluiert. Nach dieser Evaluation entwickeln WWF und MSC gemeinsam mit den Fischereien konkrete Aktionspläne, um eventuelle Schwächen zu beheben. Für einige Fischereien könnte das Projekt der Einstieg in eine offizielle MSC-Zertifizierung sein, anderen wird es einen klaren Maßnahmenplan an die Hand geben, um ihre bestehenden Fischereipraktiken nachhaltiger zu gestalten.
Damit das zukünftige Angebot an nachhaltig gefangenem Fisch auch auf entsprechende Abnehmer trifft, arbeitet MedFish parallel mit Unternehmen der Lieferkette zusammen. So soll im Mittelmeerraum ein tragfähiger Markt für Produkte aus nachhaltiger Fischerei entwickelt werden.
Nach der zweijährigen MedFish-Startphase werden neben Spanien und Frankreich auch Fischereien anderer Mittelmeeranrainer in das Projekt mit einbezogen. Langfristiges Ziel ist es, einen Großteil der Mittelmeerfischereien in nachhaltige Bahnen zu lenken und den langfristigen Erhalt der Fischbestände im Mittelmeer sicherzustellen.
Eine weitere Weltpremiere: Oktopus mit MSC-Siegel
An der spanischen Atlantikküste haben vier kleine Fischereibetriebe bereits bewiesen, dass sie den hohen Anforderungen des MSC-Umweltstandards gerecht werden: Als weltweit erste Oktopusfischerei wurden sie diese Woche zertifiziert und dürfen ab sofort das blaue MSC-Siegel tragen, das Produkte aus nachhaltigem Fischfang kennzeichnet.
Die vier zertifizierten Fischereivereinigungen Nuestra Señora de la Atalaya (Puerto de Vega), Nuestra Señora de la Caridad (Ortiguera), Santo Ángel de la Guarda (Viavélez) und San Pedro de Tapia (Casariego) zählen gemeinsam 27 Boote und fangen den Oktopus mit Fallen, die den Meeresboden und andere Fischarten nicht gefährden. Die Fischer traten gemeinsam in den MSC-Bewertungsprozess ein, um die Nachhaltigkeit ihrer Fischereipraktiken und den guten Zustand der von ihnen befischten Oktopusbestände zu belegen.
„Wir haben mehr als ein Jahr hart auf die Erfüllung der hohen Anforderungen hingearbeitet. Wir wollen unseren Kunden zeigen, dass wir kleinen Oktopusfischer aus Asturien uns für den Schutz unser Ozeane einsetzen. Wir wissen ja, dass die Zukunft unserer Küstengemeinden davon abhängt“, betont Adolfo García Méndez Main, Kapitän der Fischereivereinigung Nuestra Señora de la Atalaya.
Der Oktopus – ein außergewöhnliches Tier, das seine Farbe, Struktur und Form ändern kann, um Räubern zu entkommen – ist besonders im Mittelmeer ein wichtiger Bestandteil der Meeresfauna. In vielen Mittelmeerregionen spielt er eine wichtige Rolle für Ernährung und lokale Wirtschaft.
Die west-asturische Oktopusfischerei ist eine von weltweit mehr als 280 MSC-zertifizierten Fischereien, die zum Erhalt der maritimen Ökosysteme beitragen. Die Meeresexperten eines unabhängigen Zertifizierers stuften die befischten Oktopusbestände als intakt und ausreichend groß ein und bescheinigten den Fischereien ein nachhaltiges Fischereimanagement und geringste Auswirkungen auf die Lebensräume im Meer. Der MSC-Standard ist der weltweit bekannteste und glaubwürdigste Standard für nachhaltig gefangenen Fisch und Meeresfrüchte.
>> Den Zertifizierungsbericht können Sie online einsehen: Western Asturias Octopus Traps fishery of Artisanal Cofradias (auf Englisch) <<