Am Dienstag, den 17. Januar, gab die „Alaska Fisheries Development Foundation“ (AFDF) als Auftraggeberin der MSC-Zertifizierung der Lachs-Fischerei von Alaska bekannt, dass sieben ihrer 43 Mitglieder die dritte unabhängige Bewertung der Fischerei für die Zertifizierung nach dem Umweltstandard des Marine Stewardship Council (MSC) nicht mehr unterstützen wollen. Seit dieser Ankündigung hat das Alaska Seafood Marketing Institute (ASMI) Erklärungen über sein eigenes regional entwickeltes Programm veröffentlicht und es mit dem weltweiten Standard des MSC für die Zertifizierung nachhaltiger und vorbildlich geführter Fischereien verglichen.
Die Fischindustrie Alaskas ist seit mehr als einem Jahrzehnt ein geschätzter Partner des MSC-Programms, und diese Partnerschaft wird auch weiterhin ASMI umfassen, das als anerkannte Organisation Fisch und Meeresfrüchte aus Alaska vermarktet. Der MSC hofft, dass sich die Lachs-Fischerei von Alaska der dritten MSC-Bewertung wieder anschließen wird, und möchte die Zusammenarbeit mit ASMI und der Fischindustrie aufrechterhalten. Da die Öffentlichkeit und unsere Partner korrekt informiert sein sollen, sehen wir uns veranlasst, einige Aussagen von ASMI mit korrekten und sachlichen Informationen zu kommentieren.
Der MSC verwaltet das weltweit führende Zertifizierungsprogramm für nachhaltig arbeitende Fischereien und ist eine gemeinnützige Gesellschaft. Er begrüßt Partnerschaften sowie zusätzliche Ressourcen und Organisationen, die kollektive Anstrengungen fördern, um auf dem Markt jene Fischereien anzuerkennen und zu belohnen, die im Bereich Nachhaltigkeit besonders fortschrittlich sind.
Der MSC und Andere haben Bedenken im Hinblick auf Zertifizierungsprogramme, die aus wissenschaftlicher Sicht nicht glaubwürdig sind, nicht rigoros genug und nicht unabhängig und nicht von Dritten validiert werden, da sie echte positive ökologische Veränderungen untergraben können. Wir sind der Meinung, dass ein industriegeführter Standard nicht die nötige Unabhängigkeit, wissenschaftliche Strenge und Glaubwürdigkeit erzielen kann, die sicherzustellt, dass Fangetriebe wirklich nachhaltig geführt werden.
Der MSC verwaltet einen anspruchsvollen, wissenschaftlich basierten Standard, der von unterschiedlichsten Stakeholdern angewandt und weiter entwickelt wird. Dieser Standard ermöglicht es unabhängigen, zugelassenen Zertifizierern, freiwillig an unserem Programm teilnehmende Fischereien auf den Zustand der befischten Bestände, die Auswirkungen der fischereilichen Tätigkeiten auf das Ökosystem und das Management der Fischerei zu bewerten. Wissenschaftliche Gutachter, ein transparentes Verfahren, die formelle Beteiligung von und Konsultation mit Interessengruppen zu allen Aspekten der Bewertung – von der Zusammenstellung der Bewertungsteams bis hin zum Abschlussbericht –, ein unabhängiges wissenschaftliches Peer-Review-Verfahren und ein offizielles Einspruchsverfahren gewährleisten, dass keine Einzelinteressen den MSC als Organisation oder die Bewertung einer Fischerei kontrollieren können.
Weltweit gibt es mehrere regionale Nachhaltigkeitsprogramme für Fisch und Meeresfrüchte. Einige davon, darunter auch ASMI, behaupten von sich, sie seien dem MSC-Programm ebenbürtig.
Die folgend aufgeführten Punkte erläutern, warum wir eine Gleichsetzung des ASMI-Programms mit dem MSC-Programm nicht anerkennen:
Die Zertifizierung erfolgt nicht durch unabhängige Dritte und ist nicht transparent
ASMI, die Marketingorganisation der Fischindustrie Alaskas, hat Global Trust mit der Erstellung eines Programms beauftragt, das bestätigen soll, dass Fischereien in Alaska „verantwortungsvoll geführt werden“. Dieses Programm wurde ohne umfassende Konsultation und ohne Beteiligung von Stakeholdern entwickelt. Sein Urheber steht bei ASMI unter Vertrag und bewertet die von ASMI benannten Fischereien. Aus diesen Gründen ist das Programm nicht unabhängig.
Der MSC fordert, dass Zertifizierer von unabhängiger Stelle speziell zur Durchführung von Bewertungen nach MSC-Standard zugelassen werden. Die Akkreditierungsstelle (Accreditation Services International) auditiert Zertifizierer, um zu prüfen ob sie den MSC-Standard korrekt anwenden. Das ASMI-Programm verlangt keine solche Akkreditierung, die eine zusätzliche Qualitätssicherung mit sich bringt.
Die mangelnde Transparenz und fehlende effektive Beteiligung von Stakeholdern am ASMI-Programm stellen große Schwächen des Programms dar. Wenngleich das ASMI-Programm eine Mitwirkung „akzeptiert“, existiert kein formalisiertes, transparentes Verfahren für eine bedeutsame Beteiligung an dem Programm oder der Überprüfung von Fischereien. Indessen schreibt das MSC-Programm vor, dass unabhängige Zertifizierer weitere Stakeholder einbeziehen und während des gesamten Verfahrens sowie im Rahmen der anschließenden jährlichen Überwachungsaudits regelmäßig Berichte veröffentlichen, zu denen die Öffentlichkeit Stellung nehmen kann.
Das Programm zertifiziert nicht die Nachhaltigkeit von Fischereien und Beständen
Die FAO-Leitlinien fordern bestimmte ergebnisorientierte Indikatoren zur Bewertung der Nachhaltigkeit von Fischbeständen. Während nach MSC-Standard zertifizierte Fischereien ein nachhaltiges Bestandsniveau vorweisen müssen, überprüft das ASMI-Programm nicht den auf wissenschaftlichen Daten basierenden Bestandszustand und zertifiziert eine Fischerei nicht als nachhaltig. Global Trust bekundet, das Programm bestätige „verantwortungsvolles Management“. Verantwortungsvolles Management leistet einen wichtigen Beitrag zur Gewährleistung nachhaltiger Fischereipraktiken. Allerdings muss ein glaubwürdiges Programm, das die FAO-Leitlinien für Ökolabelling erfüllt, auch von unabhängiger Stelle bestätigte Daten zur tatsächlichen Intaktheit der Bestände und zu den Folgen der Fischerei für den Lebensraum Meer berücksichtigen.
Das Programm verweist auf „einen FAO-Standard“ obwohl es keinen FAO-Standard gibt, und ist deshalb irreführend
Das ASMI-Programm wird wiederholt als „FAO-Standard“ oder „UN-Standard“ bezeichnet, und Fischereien aus Alaska, die am ASMI-Programm teilnehmen, werden als „UN-zertifiziert“ oder „FAO-zertifiziert“ bezeichnet. Dies ist nicht korrekt. Die Vereinten Nationen und die ihr zugehörige Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation (FAO) verwalten keinen Standard und zertifizieren auch keine Fischereien. Der Verhaltenskodex für verantwortungsvoll geführte Fischereien (Code of Conduct for Responsible Fisheries) wurde im Jahr 1995 von der FAO entwickelt. Auch wenn er keinen Zertifizierungsstandard darstellt, wurde sein Inhalt zur Entwicklung des ASMI-Programms herangezogen. Im Jahr 2005 hat die FAO Leitlinien für die Ökokennzeichnung von Fisch und Fischereierzeugnissen aus Wildfang (FAO Guidelines for the Ecolabelling of Fish and Fishery Products from Marine Capture Fisheries) herausgegeben. Hierbei handelt es sich um separate Leitlinien, die sich gänzlich von dem Verhaltenskodex der FAO unterscheiden. Der MSC verwaltet das einzige Öko-Kennzeichnungsprogramm für Fischereien, das den internationalen Leitlinien der FAO und der „International Social and Environmental Accreditation and Labelling Alliance“ (ISEAL) ausnahmslos gerecht wird.
AMSI beschreibt das robustere MSC-Programm fälschlich als ein Programm, das sich in das Fischereimanagement einmischt
ASMI sagt, dass der MSC die Fischereien in Alaska nicht nachhaltig gemacht hat. Diese Aussage ist korrekt. Der MSC ist keine Managementbehörde und macht keine Vorgaben zur Verwaltung oder zum Beaufsichtigung von Fischereien. Vielmehr verwaltet er einen globalen Standard zur Bewertung der Nachhaltigkeit von Fischereien. Bewertungen nach diesem Standard erfolgen durch unabhängige Expertenteams gemeinsam mit Wissenschaftlern und Interessengruppen. Die Teilnahme am MSC-Programm geschieht auf freiwilliger Basis.
AMSI legt die Kosten für die Teilnahme an seinem Programm nicht vollständig offen
ASMI vergleicht die Kosten seines Programms mit dem MSC-Programm und suggeriert, die Teilnahme am ASMI-Programm sei kostenlos. Wie jedoch einem am 9. März 2010 auf www.seafoodnews.com erschienenen Beitrag zu entnehmen ist, wird „… jede Fischerei im Rahmen eines aus vier Phasen bestehenden Prozesses, der bis zu fünf Jahren dauern kann, separat zertifiziert… Der Verwaltungsrat von ASMI hat für die ersten 15 Monate des vier Fischereien umfassenden Gesamtpakets bis Ende des am 01. Juli begonnenen Geschäftsjahres ein Budget von bis zu 700.000 US-Dollar genehmigt. Die laufenden jährlichen Kosten bis zum Abschluss des Verfahrens werden im gleichen Bereich liegen“ (aus dem Englischen übersetzt). Damit könnten Kosten von rund 3,5 Millionen US-Dollar entstehen, die aus Gebühren für die Fischereiindustrie und aus öffentlichen Mitteln gedeckt werden und für Marketingmaßnahmen veranschlagt waren. Noch nicht eingerechnet sind hier die Kosten einer laufenden Konformitätssicherung oder erneuten Zertifizierung – einem bislang scheinbar noch ungeklärten Teil des Programms.
Der MSC erhält aus dem Zertifizierungsprozess von Fischereien nach dem MSC-Standard keine Gebühren. Die Fischerei kommt ausschließlich für Zeitaufwand plus Spesen des unabhängigen Zertifizierers und der unabhängigen Gutachter auf. Die Kosten variieren je nach Komplexität der Fischerei und anderen Faktoren, liegen jedoch generell unter 200.000 US-Dollar. Bei weniger komplexen Fischereien sind die Kosten geringer.
Neben Spendeneinnahmen erhält der MSC als gemeinnützige Gesellschaft auch operative Unterstützung für die Verfolgung seiner Ziele, und zwar in Form einer Lizenzgebühr von 0,5 Prozent des Großhandelswerts aller Verbraucherzeugnisse, die mit dem MSC-Siegel gekennzeichnet sind. Diese Gebühren fallen erst dann an, wenn das MSC-Logo auf einem Verbrauchererzeugnis erscheint, was auf freiwilliger Basis geschieht. Im Fall von Lachs aus Alaska werden 82 Prozent der Lizenzgebühren von europäischen Kunden der Lachs-Fischerei entrichtet, welche die MSC-Zertifizierung schätzen und diese in ihre Beschaffungsstrategie integriert haben.
Weitere Informationen
Näheres entnehmen Sie bitte der Stellungnahme „MSC statement on the initial announcement by AFDF“ zur Ankündigung von AFDF, sich aus der MSC-Bewertung der staatlich bewirtschafteten Lachs-Fischerei von Alaska zurückziehen zu wollen, sowie anderen Dokumenten auf der MSC-Website: www.msc.org.
Das Zertifikat der erstmals im Jahr 2000 nach MSC-Standard zertifizierten Fischerei auf Lachs bleibt bis 29. Oktober 2012 gültig. Wird die anstehende Bewertung von einem neuen Auftraggeber übernommen und erfolgreich abgeschlossen, kann das derzeit gültige Zertifikat für fünf weitere Jahre fortlaufen. Die MSC-Zertifizierung anderer Fischereien von Alaska ist von der Ankündigung der Lachs-Fischerei von Alaska nicht betroffen.