Wissenschaftlicher Konsens über Messung der Nachhaltigkeit
Der MSC-Standard ist ein Instrument, mit dessen Hilfe Fischereien anhand von klar definierten Prinzipien und Kriterien auf ihre Nachhaltigkeit überprüft werden. Die Messlatte, welche eine vorbildlich und nachhaltig arbeitetende Fischerei überspringen muss, um zertifiziert zu werden, stellt einen breiten wissenschaftlichen Konsens dar, der von über 200 Meeresbiologen, Wissenschaftlern, Umweltschützern und anderen Interessengruppen während eines zweijährigen Prozesses (1997 -1999) definiert wurde.
Jede zertifizierte Fischerei ist nachhaltig
Jede Fischerei, die nach MSC-Standard zertifiziert ist, arbeitet nachhaltig und vorbildlich. Fischereien werden nicht - wie die Autoren des Nature-Beitrages behaupten – zertifiziert, bevor sie Nachhaltigkeit bewiesen haben.
Die Punktevergabe bei der Bewertung nach MSC-Standard beinhaltet zwei Schlüsselwerte: 60 und 80 Punkte. Im Hinblick auf Bestandsniveaus (von den Autoren des Nature-Beitrages angeführt), stellen 60 erreichte Punkte das vorsorgliche Limit für Nachhaltigkeit dar. Ein Wert von 60 und mehr bedeutet, dass ein Bestand nicht überfischt ist und sich auf nachhaltigem Niveau befindet. Diese Definition stimmt mit den Richtlinien zur Ökokennzeichnung von Fisch und Meeresfrüchten der Welternährungsorganisation (FAO) aus dem Jahr 2009 überein. Eine Fischerei muss zeigen, dass sie nachhaltig ist und diese Mindestpunktzahl von 60 erreichen, um nach MSC-Standard zertifiziert zu werden.
Das MSC-Programm verlangt zudem weiter reichende Vorsorge und gibt für die Bestandsgröße einen Zielwert vor, der einem Wert von 80 Punkten entspricht. Erhält eine Fischerei bei der Bewertung des Bestandes mehr als 60 aber weniger als 80 Punkte, wird sie mit einer Zertifizierungsauflage belegt, um ihre Punktzahl innerhalb eines vorgegebenen Zeitrahmens auf 80 anzuheben. Erfüllt die Fischerei diese Auflage nicht, riskiert sie den Verlust ihres Zertifikates.
Dieser höhere Wert minimiert das Risiko, dass der Bestand unter ein nachaltiges Niveau sinkt und räumt der Fischerei ausreichend Zeit ein, um auf neue Bestandsdaten zu reagieren und notwendige Änderungen vorzunehmen, die dem Bestand die Möglichkeit geben, sich wieder auf das höhere Niveau zu entwickeln.
Die Bestandsgröße ist ein Schlüsselindikator für die Nachhaltigkeit einer Fischerei. Der MSC-Standard geht jedoch noch weiter und bewertet Fischereien anhand von 31 Indikatoren. Wird nur einer dieser Indikatoren mit weniger als 60 Punkten bewertet, erhält die Fischerei kein Zertifikat.
Ergebnisorientiertes System
Die Autoren sind der Meinung, dass Fischereien, die mit Grundschleppnetzen arbeiten, oder ihren Fang für die Produktion von Fischmehl verwenden, nicht als verantwortungsbewusst und nachhaltig eingestuft werden sollten. Das MSC-Programm schreibt weder vor, welche Fanggeräte eingesetzt werden dürfen noch wofür der Fisch verwendet werden darf. Als ergebnisorientiertes Programm fordert es stattdessen, dass alle Fischereien, die eine MSC-Zertifizierung anstreben, die wissenschaftlich gestützten Prinzipien und Kriterien des MSC-Standards erfüllen müssen, über welche die Bestandssituation, die Auswirkungen der Fischerei auf das marine Ökosystem und das Management der Fischerei bewertet werden. Der Ansatz des MSC-Programms erfüllt die Forderungen der Welternährungsorganisation (FAO) zur Ökokennzeichnung von Fisch aus Wildfang. Folglich steht das MSC-Programm allen Fischereitypen offen.
Der MSC zielt auf notwendige Änderungen im Management von Fischereien ab und treibt Fortschritte hin zu einer nachhaltigen Arbeitsweise in allen Formen der Fischerei voran. Dies kann jedoch nicht geschehen, indem er Fischereien von seinem Programm ausschließt, sondern indem er Fischereien zu einer Teilnahme an seinem Programm ermutigt.
Kontrollen sichern eine glaubwürdige und objektive Bewertung
Das MSC-Programm ist in hohem Maße transparent und verfolgt einen partizipativen Ansatz. Vom ersten Tag der Bewertung an sind Externe, die ein Interesse an der Fischerei haben, dazu eingeladen, sich in die Bewertung einzubringen und Informationen für das wissenschaftliche Expertenteam bereitzustellen.
Der MSC verlangt von Zertifizieren, dass sie die Bewertungsergebnisse zu allen einzelnen Indiaktoren rechtfertigen und belegen. Hat das Bewertungsteam die Beurteilung einer Fischerei vorgenommen, werden die Ergebnisse von mindestens zwei unabhängigen Wissenschaftlern geprüft. Jegliche Anmerkungen der wissenschaftlichen Gutachter müssen ausführlich erörtert und in den Bewertungsbericht aufgenommen werden.
Nach dieser Prüfung wird der vorläufige Bewertungsbericht der Öffentlichkeit zur weiteren Prüfung zugänglich gemacht. Der Zertifizierer ist verpflichtet, auf alle Einwände, Fragen und Bedenken einzugehen und dies schriftlich zu Protokoll zu geben.
Erst nach Abschluss dieses Prozesses veröffentlicht der Zertifizierer den endgültigen Bericht mit allen Ergebnissen der Bewertung. Jeder Interessenvertreter, der sich in die Bewertung eingebracht hat, hat dann die Möglichkeit, Einspruch gegen die Entscheidung des Zertifizierers zu erheben.
Der Wert und Sinn des Einspruchsverfahrens
Die Möglichkeit, Einspruch gegen Zertifizierungsentscheidungen zu erheben, ist ein einzigartiges Merkmal des MSC-Programms. Sinn des Einspruchsverfahrens ist es, eine strukturierte und unabhängige Prüfung zu ermöglichen, die folgende Fragen beantwortet: Hat der Zertifizierer das vorgegebene Verfahren eingehalten? Hat er alle relevanten Informationen in Betracht gezogen? Ist für jede Benotung eine klare Begründung angegeben? Die Entscheidung über einen Einspruch wird von einem unabhängigen Schiedsrichter getroffen, nicht vom MSC. Das Einspruchsverfahren ist die letzte Prüfung nach einer Reihe bereits erfolgter Prüfungen, um sicherzustellen, dass das Ergebnis einer Fischereibewertung aus wissenschaftlicher Sicht valide ist.
Die oben angeführten FAO-Richtlinien verlangen, dass die Einspruch erhebende Partei die Kosten des Einspruchs trägt. Der MSC befürwortet die Teilnahme am Einspruchsprozess und hat vor kurzem die maximalen Kosten von 15.000 auf 5.000 britische Pfund gesenkt, um allen Interessengruppen die Teilnahme zu ermöglichen. Zusätzlich gibt es die Möglichkeit, die Kosten komplett zu streichen, falls eine Organisation die notwendigen finanziellen Ressourcen nicht aufbringen kann. Das Einspruchsverfahren hat zu wichtigen Veränderungen in der Punktevergabe für einige Fischereien geführt und Managementpläne mit messbaren Verbesserungen erwirkt.
Kontinuierliche Weiterentwicklung der Methodik und Governance
Der MSC entwickelt kontinuierlich seine Methoden weiter, sowohl in technischer Sicht als auch im Bereich Governance und Richtlinien. Er tut dies in Kopperation mit vielen Interessengruppen. Einige Beispiele hierfür sind neue Leitlinien zur Bewertung von Fischereien auf Spezies der unteren Stufen der Nahrungskette, die Entwicklung eines Instruments zur Bewertung von datenarmen und kleinen Fischereien und Veränderungen an der Zertifizierungsmethodik für Fischereien. Ziel dieser laufenden Arbeiten ist es, die Qualität und Konsistenz von Fischereibewertungen zu sichern.
Auswirkungen des MSC-Programms auf Umwelt und Markt
Ziel des MSC-Programms ist es, über Marktanreize Veränderungen und Verbesserungen bei Fischereipraktiken herbeizuführen. Wir werden weiterhin die Effektivität unseres Programms unter Beweis stellen und haben beispielsweise eine wissenschaftliche Untersuchung zu den Umweltauswirkungen von Fischereizertifizierungen in Auftrag gegeben.
Die Strenge, Glaubwürdigkeit und wissenschaftliche Basis, die den MSC-Standard und seine Methoden untermauern, haben seit 1999 zur Unterstützung durch Fischereien, Umweltorganisationen, Unternehmen der Lieferkette, Regierungen und anderen Interessengruppen geführt. Dies führte zur Entwicklung eines Marktes für nachhaltig gefangenen Fisch und Meeresfrüchte, der heute sieben Prozent der weltweiten Anlandungen aus Wildfang beträgt. Die Nachweise darüber, dass eine Zertifizierung positive Veränderungen in der Befischung unserer Meere herbeiführt, werden immer zahlreicher und bestätigen Verbrauchern, dass Sie mit der Wahl von Fisch mit MSC-Siegel einen positiven Beitrag für die Umwelt leisten.
Für weitere Informationen kontaktieren Sie bitte Gerlinde Geltinger, MSC Deutschland, Tel. +49 30 8849 7008, Email: [email protected].
Anmerkungen zu verschiedenen, von den Autoren angeführten, Spezies:
Die Fangmenge an antarktischem Krill (Euphausia superba ) ist sehr niedrig – weniger als ein Prozent der neuesten Biomasse-Schätzungen. Die Managementbehörde für diese Fischerei ist die “Commission for the Conservation of Antarctic Marine Living Resources” (CCAMLR), die unter anderem gegründet wurde, da es Bedenken gibt, dass erhöhte Krill-Fänge im Südlichen Ozean schwerwiegende Effekte auf die Krillpopulation haben könnten. CCAMLR folgt einem vorausschauenden Ansatz, der darauf ausgerichtet ist, die Risiken für die Krillpopulation durch Fischereiaktivitäten zu minimieren. Die Anlandungen aller Schiffe, die in diesem Gebiet operieren, lagen in der Fangsaison 2007/08 bei 150.000 Tonnen – nur vier Prozent der von CCAMLR festgesetzten Höchstfangmenge.
Die Alaska Seelachs-Fischerei (Theragra chalcogramma) in der Beringsee profitiert von umfangreichen wissenschaftlichen Studien und Analysen, die durch 100 Prozent staatliche Beobachterquote gestützt werden. Die wissenschaftlichen Arbeiten sind das Ergebnis einer Zusammenarbeit zwischen lokalen, regionalen und nationalen Behörden sowie der Industrie. Der Alaska Seelachs-Bestand ist dafür bekannt, dass er sich in natürlichen Zyklen - also nicht aufgrund fischereilicher Aktivitäten - auf und ab bewegt. Die jährlichen Fangmengen werden von den Managementbehörden in Übereinstimmung mit diesen Zyklen festgelegt. Ausschlaggebend für die MSC-Zertifizierung ist, dass der Bestand um den Zielreferenzwert schwankt (jener Punkt, an dem eine Fischerei 80 Punkte erhält). Aus diesem Grund wurde die Fischerei von dem unabhängigen Bewertungsteam als vorbildlich gemanagt und nachhaltig eingestuft.
Die Fischerei auf pazifischen Seehecht (Merluccius productus) wurde nach einer zweijährigen wissenschaftlichen Bewertung durch einen unabhängigen Zertifizierer und einer drei Monate dauernden Untersuchung eines Einspruchs als vorbildlich gemanagt und nachhaltig zertifiziert. Die Schlussfolgerung des unabhängigen Schiedsrichters, der den Einspruch analysierte, stimmte mit dem Ergebnis der Zertifizierer überein - die Fischerei erfüllt alle drei Prinzipien des MSC-Standards. Die Bestandzahlen dieser Fischerei schwanken stark aufgrund der Kapazität des Ökosystems, pazifischen Seehecht zu stützen. Die Fangmengen der Fischerei werden auf vorsorglichen Niveaus festgesetzt wenn Modelle zur Bestandsbewertung negative Trends zeigen. Der von den Autoren angeführte Rückgang von 89 Prozent bezieht sich auf den höchsten Biomasse-Stand, der jemals gemessen wurde - 4,6 Millionen Tonnen im Jahr 1984.
Die Fischerei auf Schwarzen Seehecht (Dissostichus mawsoni) im Rossmeer befindet sich noch in Bewertung, so dass der MSC keinen Kommentar über ihren Status abgeben kann. Wir möchten jedoch anmerken, dass eine „explorative Fischerei“ keine Fischerei ist, die ohne ausreichenden Wissensstand durchgeführt wird. Es ist vielmehr eine Fischerei, für welche die Managementbehörde stark vorsorgliche Fangmengen festsetzt und in Forschung investiert. Die so gewonnenen Daten fließen in wissenschaftliche Bewertungen ein, um die Fischerei weiterzuentwickeln. Die zuständige Managementbehörde ist die „Commission for the Conservation of Antarctic Marine Living Resources” (CCAMLR), die - wie am Beispiel des Krill gezeigt - bei der Festsetzung von Fangmengen den Vorsorgeansatz umfassend befolgt.
Anmerkungen zu der Grafik „Booming business“ und der Definition von fischereilichen Auswirkungen:
Die Grafik „Booming Business“ nutzt Maße für die Klassifizierung von Fischereien, die in der MSC-Methodik nicht angewendet werden. Das MSC-Programm ist ein ergebnisorientiertes Programm und so erfüllt jede zertifizierte Fischerei den MSC-Standard, der spezifische Indikatoren zur Bewertung der Umweltauswirkungen umfasst. Dies stimmt mit den international anerkannten Richtlinien zu Ökosiegeln und dem Kodex für verantwortungsbewusste Fischereien der Welternährungsorganisation FAO überein.